top of page
  • facebook
  • instagram
  • issuu_edited

KUŞDILI ÇAYIRI

Die Entstehung eines neu interpretierten türkischen Wohnhauses

von Hanife Tepegöz

Meine Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem türkischen Wohnhaus. Die Recherche der türkischen Wohnkultur reicht zurück bis in die Nomadenzeit der Türken und geht bis zur heutigen Situation. Mein Entwurf beschäftigt sich mit dem Thema „gemeinschaftliches Wohnen“ hat den Standort in Istanbul in Kadiköy (auf der asiatischen Seite Istanbuls). Der Entwurf soll architektonische Qualität mit hoher Flexibilität in der Funktion vereinen und eine attraktive und angenehme Atmosphäre bieten. Das Ziel ist es einen Wechselspiel zwischen Gemeinschaftlichkeit und Individualität zu schaffen. Die Architektur soll die Kommunikation bzw. den sozialen Austausch der Generationen (z.B. Studenten, Absolventen, Familien, Freiberufler und Senioren) untereinander fördern. Weiters soll eine verstärkte Vernetzung der Nachbarschaft wieder hergestellt werden und somit das Gefühl einer Gemeinschaft hervorrufen. Meine Idee ist daher eine Neuinterpretation des türkischen Wohnhauses zu schaffen: „Ein gemeinschaftliches Wohnheim der Zukunft, das von den klassischen alttürkischen Wohnheimen inspiriert ist, als Gebäudetyp jedoch wegweisend sein sollte und die Entwicklung einer attraktiven Atmosphäre zum Wohnen, Studieren und sich austauschen unterstützt“. Die bauliche Tradition sollte als Basis für eine innovatives Konzept dienen, um optimalen Lebensraum für künftige Bewohner zu schaffen. Der vorliegende Entwurf ist nicht allein ein Gebäude, das einen Bauplatz ausfüllt, sondern ist als Gesamtkonzept eingebettet in die Neugestaltung der angrenzenden Umgebung, die als Park und Fußgänger Durchquerungsfläche, als Transferbereich des hoch frequentierten Bahnhofs und des angrenzenden Stadions Fenerbahçe neu konzipiert werden soll. Auf diese (künftige) grüne Umgebung, nahe am Wasser bzw. dem Marmara‐Meer, wurde auch in der Außengestaltung des Baukörpers Bezug genommen. So war es nicht das Ziel eine radikal neues Erscheinungsbild zu kreieren, sondern in dieser uralten zivilisatorischen Umgebung auch die noch älteren Formen der Natur zu zitieren. Die Gattung der Perlboote, die in ihrer versteinerten Spiralform durch Museumsbesuche wohl jedem Kind und Erwachsenen bekannt sind, sind bei der Formgebung des Baukörpers der Bezugspunkt gewesen: Im Wachstum behalten die Perlboote ihre ursprüngliche Form bei, während nur der Umfang – vgl. Jahresringe – zunimmt. Diese Spiralbewegung findet sich auch in der aufsteigenden Schichtung des Baukörpers und zugleich verknüpft sich hier die historische Entwicklung des türkischen Hauses: Vom Zelt, zu verbundenen Zelten, zur Entwicklung von Zimmern als eigenständige Nutzungseinheiten unter einem gemeinsamen Dach. Die Fassadengliederung ist geprägt durch Erker, jeweils einer pro Wohneinheit ‐ (auch hier die Referenz zu den Erkern der alten türkischen Häuser: Cumbali evler) gegliedert und je Wohnung mit verschiebbaren Fassadenelementen verdunkelbar. So entsteht schlicht durch die unterschiedliche Nutzung der jeweiligen Bewohner eine „belebte“ Fassade, die kaum jeden Tag exakt gleich aussieht. Wie in den alten historischen türkischen Häusern, ist das Erdgeschoss (wie das Untergeschoss – inklusive einer Tiefgarage ‐ und das 1. Geschoss) als öffentlicher Bereich gehalten, mit einer Nutzung durch Restaurants, Hamam, Bibliothek, Lernzentrum, Café, interreligiösen Gebetsraum, Proberäume, Verwaltung, und Seminarräume, Kinderbetreuung, Sportraum, Gemeinschaftsraum und Atelierräumen. Die oberen Geschosse sind der Wohnnutzung und kleinen sharedoffice‐ spaces vorbehalten, wie früher die Privaträume sich ebenfalls im Obergeschoss befanden. Genau diese historische Entwicklung der Innenräume eines türkischen Hauses und der Raumaufteilung desselben, waren die wichtigsten Bezugsrahmen, bei der Gestaltung der Innenräume, insbesondere der Wohneinheiten: Drei unterschiedliche Bodenniveaus finden sich in jeder Wohneinheit, die die Nutzungseinheiten deutlich machen. Der Eingangsbereich zitiert mit den eingebauten Schränken, die alten türkischen Zimmer und deren Eingangbereiche und auch im Entwurf findet sich die Möglichkeit der (Sicht‐) Abtrennung dieses Bereiches durch Vorhänge von den anderen Nutzungsbereichen. Nach dem ersten (niedrigsten) Niveau des Eingangsbereich folgt (im Niveau jeweils ansteigend) der Wohnbereich und schließlich ein erhöhter Schlaf – und Sitzbereich, an der Fensterfront (teilweise mit Balkon teilweise ohne und durch klappbare Fassadenelemente verdunkelbar). Alle Wohneinheiten – Größen unabhängig – folgen diesem Prinzip. Durch diese Niveau‐ Sprünge ist eine bessere Lichtausnutzung möglich und ebenso eine bessere Luftzirkulation in Anlehnung an die Oberlichter – Fenster der alten türkischen Häuser.

Grazer Architektur Diplompreis Awards 2016 - Tschom Wohnbaupreis

 

bottom of page