17.3.2020
Auch unter den gegenwärtigen dystopischen Umständen geben wir unsere utopischen Bestrebungen nicht auf - das Forschungsteam von Grazotopia bearbeitet fleißig die Themen Wohnen, Energie, Grundeigentum und utopische Tradition in Graz. Der Ausfall einzelner Veranstaltungen aus der Reihe GrazTalks kann leider nicht ausgeschlossen werden. Genauere Informationen werden bis zum 15. April bekanntgegeben.
10.3.2020
In einem Bericht für gat.st stellt Bettina Landl Grazotopia gemeinsam mit zwei weiteren interessanten Projekten vor, die im Rahmen von Graz Kulturjahr 2020 stattfinden. Den Bericht können Sie unter https://www.gat.st/en/news/experimentelle-handlungsweisen lesen.
GRAZOTOPIA
[Other Ways of Living]
OWL Collective
Foto © Richard Brandstätter, OWL Collective
OWL Collective: Einblicke in den kollektiven Entwurfsprozess
Wer kennt sich mit den Ideen, Träumen und Problemen der 20- bis 35-Jährigen aus? - Wir!
Und wer plant ihre Wohnungen? - Irgendwer!
Schluss damit, dass Andere unsere Wohnungen entwerfen, die von unseren Ideen, Träumen und Problemen keine Ahnung haben. Wir, Studierende der Architektur, ein Kollektiv aus Freigeistern und VisionärInnen, wollen gemeinschaftliches Wohnen neu definieren und unsere Ideen mit der Welt teilen. Gegründet im Dachgeschoß der TU Graz, legte ein Studio im Sommersemester 2019 den Grundstein für unsere Zusammenarbeit.
Wie ist unsere Wohnsituation derzeit? Studentenheime und Zweck-WGs haben sich als billige Übergangs-Gemeinschaften in Universitätsstädten etabliert. Man packt am Anfang des Studiums seinen Koffer aus und nach Abschluss wieder ein. Das wirkliche Leben und die echte Gemeinschaft kommt erst im nächsten Lebensabschnitt. Denn das Leben ist ja nur vorübergehend, oder? Mehr kann man sich nicht leisten, oder?
Doch! Andere Formen des Lebens sind möglich. Unsere Gemeinschaft kommt nicht irgendwann, sie besteht bereits, lebt und verändert sich täglich. Jeder hat das Bedürfnis und den Wunsch dazuzugehören, mit anderen in Kontakt zu stehen, sich auszutauschen, den Wunsch nach Gemeinschaft. Wir erfüllen diese Bedürfnisse und gestalten genau dafür gebauten Raum. Unser Fokus liegt dabei auf den 20- bis 35-Jährigen, auf der Altersgruppe, die am häufigsten irgendwo neu ankommt. Wir schaffen ein Netz von Personen, denen es gleich geht, mit unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen. Statt nur einen Ort zu bauen, an dem man sich zu Hause fühlt, wollen wir aus der Vereinzelung ausbrechen und ein Netz solcher Orte über das ganze Viertel, die Stadt, oder das ganze Land legen. Eine Atmosphäre schaffen, in der wir uns entfalten können, selbst finden, Neues entdecken, in der wir aufhören, auf das Leben nur zu warten, in dem wir aufgefangen sind, ohne gefangen zu sein. Wohnen, Gespräche und geteilte Aktivitäten, um wahre Freundschaften zu schließen. Ein Netzwerk aus Treffpunkten, in denen wir real statt nur online existieren, Erfahrungen austauschen, gemeinsam verändern, entdecken und erfinden.
Dafür wollen wir uns die Stadt zu eigen machen und unser Netzwerk in ihrer Mitte entfalten. Mit der Transformation von Baulücken kann man nicht nur günstig die Grundlage für dieses Netz schaffen, sondern trägt zur Nachverdichtung der Stadt bei. Mit der Entwicklung von Modulen wird eine flexible Anwendung und fortwährende Möglichkeit der Erweiterung des Netzwerks sichergestellt. Eine App sowie eine Online-Plattform bieten zusätzlich die Möglichkeit, sich mit allen zu vernetzen, zu teilen und gegenseitig zu unterstützen.
Wir wollen Other Ways of Living.
OWL
Wie erschaffen wir dieses Netzwerk einer Gemeinschaft, die unseren Wünschen und Bedürfnissen entspricht? Dafür erstellen wir in einem ersten Schritt ein Planspiel, das Klarheit über folgende Fragen bringen soll: Was wünschst du dir, mit anderen zu teilen? Mit wie vielen Personen möchtest du deine Wohnsituation und ihre Funktionen teilen? Wie viel Platz benötigst du für deinen Privatraum? An die Auswertung dieser Fragen schließt eine Sammlung von Aktivitäten an, die wir gerne gemeinsam unternehmen möchten. Auch die Atmosphären, die wir mit diesen gemeinsamen Erlebnissen verbinden, wollen wir erfassen. Im Planspiel stellt sich heraus, dass folgende gemeinsame Aktivitäten von unserer Gruppe besonders hoch bewertet werden: Essen, Kochen, Fitness, Handwerken, Einkaufen, Spazieren, Gärtnern, Wäsche waschen, Musik hören und Feiern.
Diese Gemeinsamkeiten liefern Grundinformationen für unseren zweiten Schritt: einen Entwurf, der Räume schafft, die unseren Wünschen und Bedürfnissen entsprechen. Wir legen fest, verschiedene gemeinsame Aktivitäten und Möglichkeiten in unterschiedlichen Gebäuden in der Stadt so zu verteilen, dass sie ein Netz bilden, das miteinander zusammenhängt und von uns gemeinsam mit allen anderen Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt genutzt werden kann.
Unter Einhaltung der in der Gruppe festgelegten Entwurfsparameter nehmen sich nun alle im OWL Collective eines spezifischen Gebäudes an und bringen konkrete Entwurfsvorschläge ein. Wir werden immer wieder zusammenkommen, um zu sehen, ob unsere Ideen ineinandergreifen und so für die Bewohnerinnen und Bewohner der Gebäude und der Stadt „Other Ways of Living“ schaffen. Über den aktuellen Stand unserer Arbeit informieren wir euch laufend auf unserer Website
www.owl-collective.com. Die finalen Ergebnisse werden bei Graz Open Architecture, der Sommerausstellung der TU Graz, am 28. Juni 2019 präsentiert.